News   Magazin   Börse   Links   ArcArchie   Homepages
 Magazin  Vector Home 
Hardware   Software   Praxis   Sonstiges  
Vector: zu Unrecht vergessen  von Frank Wohlgemuth

Quellen: GAG-News 27, Seite 15 ff. und GAG-News 30, Seite 23 f. (leicht abgeändert)
Mit freundlicher Genehmigung der GAG-News zur Veröffentlichung auf der ArcSite.
Da Vector nun mit RISC OS 4 ausgeliefert wird, soll es hier nun etwas genauer vorgestellt werden. Vector ist ein preiswertes Vektorzeichenprogramm wie Draw. Seine Vorteile gegenüber Draw zeigt Vector überall da, wo es auf Maßgenauigkeit und die Möglichkeit zu Objektbibliotheken ankommt. Vector verfügt auch über die Möglichkeit mehrerer Zeichenebenen, kann mit Maßstäben arbeiten und größere Zeichnungen beim Ausdruck auf mehrere Druckseiten verteilen.

Wo immer nach Vektorprogrammen unter RISC OS gefragt wird, werden meist nur zwei Antworten gegeben: Draw und ArtWorks. Während über Draw nicht geredet werden zu braucht - Draw hat sowieso jeder, gehört es doch zum System -, ist es etwas unverständlich, daß Vector von 4mation hier so unbekannt ist. Während alle Welt von Artworks schwärmt, kennt es doch die schönsten Farbverläufe und hat die besten Im- und Exportfähigkeiten, wissen auch gute Händler nur selten einen Rat, wenn nach einem Vektorprogramm gefragt wird, das auch in der Lage ist, Objektbibliotheken zu verwalten. Wenn sie gut sind, fällt ihnen vielleicht noch ProCAD ein, schon dessen Light-Version CADet, die allerdings auch schon um die DM 500 kostet, ist in kaum einer Beratung zu finden. Vector habe ich bis jetzt nur in Markus Hubers altem IOC-Katalog gefunden.
Der Lieferumfang

Vector wird auf der RISC OS 4 CD ausgeliefert, so daß auch kein Handbuch zur Verfügung steht. In der Hilfsdatei ist jedoch beschrieben wie man das Handbuch für ca. 30 DM bestellen kann. Sicher eine sinnvolle Investition für alle, die das Programm häufiger benutzen wollen. Das Handbuch ist - natürlich - in englisch, spiralgebunden mit zwei Inhaltsverzeichnissen, eines themen- und eines menüorientiert, und einem sehr guten Index versehen. Wer Englisch kann, ist mit diesem Handbuch gut bedient, das Layout ist großzügig und die Abbildungen beschränken sich nicht nur auf die Menüs, sie zeigen auch, was bei den einzelnen Punkten mit den Objekten passiert.

Die von Vector verarbeiteten Dateiformate sind Vector, Compress, Draw und Poster. Dabei ist Vector ein erweitertes und komprimiertes Draw-Format, Compress ist ein komprimiertes Draw-Format und Poster ist das Format des 4Mation-Programmes Poster.

Speicher-Optionen
Da kein Undo existiert, ist regelmäßiges Abspeichern bestimmt nicht dumm.
Bereits von gestern

Wenn man das Programm dann startet, merkt man leider an einigen Details, daß Vector im Prinzip schon älter als das Risc OS 3 Draw ist und nur an den StrongARM und RISC OS 4 angepasst wurde: Die Icons der Toolbox sind dazu gedacht, auch in Bildschirmmodi geringerer Auflösung viel Arbeitsplatz zuzulassen. (Die Colourcard war für den englischen Massenmarkt nicht nur zu teuer, sie wurde außerdem vom Hersteller des Konkurrenzproduktes ArtWorks vertrieben.) Bei einer Arbeitsauflösung von 1024×768 erscheint diese Toolbox schon etwas mickrig.

Vector Fenster und Toolbar
Die Toolbox von Vector ist zwar in den Symbolen mickriger als die von Draw, dafür kann sie aber mehr. Oben über der Zeichnung ist immer die letzte Aktion spezifiziert - diese Zeichnung ist frisch geladen.

Vector kann fast alles, was Draw auch kann, nur: Vector kennt kein Undo, nur ein Undelete. Operationen, die in die Hose gegangen sind, bleiben da. Dafür hat Vector eine andere Lösung parat, das automatische Abspeichern, bei dem die Intervalle vom Benutzer eingegeben werden können. Um das Undo-Manko weiter zu verringern, gibt es die Möglichkeit, ausgewählte Objekte gegen Veränderung zu schützen (Lock/Unlock); beim Bearbeiten von Kurven wird die Sicherheit dadurch erhöht, daß nur die Bezierpunkte der gerade selektierten Kurvenabschnitte sichtbar und selektierbar sind (Bezierpunkte sind die Punkte, mit denen man in Draw die Krümmung einer Kurve verändern kann). Ein zweites Minus gegenüber Draw besteht darin, daß Vector keine zweite Ansicht auf dasselbe Objekt erlaubt. Statt dessen ist die Zoommöglichkeit konfigurierbar und schaltet dann auf einen Mausklick zwischen 100% und einem beliebigen zweiten Wert zwischen 5% und 2000% hin und her. Dabei werden ausgewählte Objekte beim Vergrößern automatisch in der Fenstermitte plaziert.
Die bessere Seite

Im Aufgabenmanager merkt man, daß Vector doch etwas mehr als Draw können muß: Statt der 342 KB von Draw (V.0.99D) verbraucht Vector stattliche 540 KB. Ein Vorgriff Vectors auf die Oberflächentechnik heutiger Programme besteht darin, daß einzelne Positionen der Toolbox sowie die Arbeitsebenenanzeige auf einen Druck auf die rechte Maustaste das dazugehörige Menü öffnen. Das gilt für das Zoom-(für die Zoombox), das Ursprungs-(für die Ursprungsdialogbox) und das Gridlock-Icon (für die Linealbox).

Tut Anch Amun
Auch Fotorealismus ist mit Vektor möglich. Aber es würde mich schon interessieren, wie solche Bilder entstehen.

Selbstverständlich kann man Vector auch einfach zum Zeichnen benutzen: Statt des virtuos gemachten Eisvogels, mit dem für ArtWorks Reklame gemacht wird, befindet sich auf der Vector-Diskette ein Tut Anch Amun, der in 256 Farben wunderschöne Verläufe zeigt und fast fotorealistisch wirkt. Außerdem bietet Vector die Möglichkeit, zu maskieren, zu interpolieren (sowohl in Farbe als auch in Form), wie auch über "Skeletons" zu vervielfachen. Dabei ist eine Skeleton ein Rahmen, in den ein definiertes Objekt zur Abbildung entsprechend seiner Größe einbeschrieben wird; das Objekt selbst befindet sich dabei nur einmal in der Datei. (Diese Funktion ist übrigens auch zum Herstellen von Visitenkarten oder ähnlichem zu gebrauchen.)
Nun wird's technisch

Aber im Ernst, wie viele benutzen so ein Programm zum Freihandzeichnen? Auch fehlt die Echtzeitvektorisierung einer mit der Maus gefahrenen Linie, wie sie ArtWorks hierfür immerhin bietet. Die Domäne eines vektororientierten Zeichenprogramms ist ursprünglich die technische Zeichnung, und da zeigt Vector, was es kann: Das wichtigste beim technischen Zeichnen ist die Möglichkeit, maßstabsorientiert zu zeichnen, sei es bei Werkstücken oder Landkarten.

Lineale
Das Linealmenü erhält man über das Hauptmenü oder einen SPEZIAL-Klick auf das Schloßsymbol. Für jede Zeichnung werden vier Lineale abgespeichert. Das Lineal ist mit einem Klick auf die Linealecke links oben zu wechseln.

Im Menü Misc.Rulers lassen sich für vier verschiedene Zeilenlineale (Ruler) Maßstäbe setzen, außerdem sind auch die Raster (Grid) im Hintergrund linealspezifisch. Jedem dieser Lineale kann auch ein eigener Ursprung zugeteilt werden. Die Größen- und Positionsangaben beziehen sich in Vector grundsätzlich auf die Benutzereinheiten.

Fenster zum Einstellen von Größe und Position
Über dieses Menü kann sowohl die Größe eines Objektes genau festgelegt werden, als auch seine Position in einem Koordinatensystem.

Um die Größe eines Objektes genau herstellen zu können, zeichnet man es zuerst frei und legt dann seine genaue Größe und Position im Menü Size and Position fest. Da das nach kartesischen Koordinaten funktioniert, muß das Objekt für diesen Vorgang vertikal ausgerichtet sein. Zusätzlich existieren noch drei Menüs (Align, Distribute und Space/Pack), mit denen man verschiedene Objekte an- oder zueinander ausrichten kann: an einem gemeinsamen Rand oder mittig zueinander; gleichmäßig verteilt oder direkt aneinander angrenzend; nur senkrecht oder nur waagerecht oder senkrecht und waagerecht gleichzeitig. An metrisch steuerbaren Operationen steht außer denen mit der Maus (Verschieben, Drehen, Vergrößern, Spiegeln) noch das Scheren sowohl waagerecht wie senkrecht zur Verfügung. Um die Maus bei bestimmten Aufgaben einfacher kontrollieren zu können, gibt es eine Beschränkungs-Option (Constraint), bei der beim Skalieren mit der Maus die Proportionen gewahrt bleiben und Drehungen, je nach Raster, sich in 45° oder 30°-Schritten vollziehen; das zweite dient der Hilfe bei der Konstruktion isometrischer Projektionen.
Fertigelemente

Wesentlich bei technischen Zeichnungen oder auch Kartierungen ist das regelmäßige Wiederkehren der immer selben Elemente. Für derartige Zwecke sollte ein Zeichenprogramm Objektbibliotheken (Libraries) zur Verfügung stellen. Auf der Vector Supplementary Disk sind fertige Bibliotheken mit z. B. Pfeilen, Flaggen, Mauerverbänden, Kreuzen, elektronischen Symbolen, Straßenzeichen, Wettersymbolen usw. Derartige Objektbibliotheken lassen sich auch jederzeit aus eigenen Objekten selbst herstellen - meine bisher einzige "selbstgemachte" (in Wahrheit zu großen Teilen aus einer fertigen Landkarte im Draw-Format extrahierte) Objektbibliothek enthält Kartensymbole. Damit einzelne Objekte in die Zeichnung integriert werden können, muß die sie enthaltende Bibliothek geöffnet sein. Nach Anwahl des Bibliothekssymbols in der Toolbox und Anklicken des Objektes in der Bibliothek reicht ein Klick in der Zeichnung, um das Objekt einzufügen.

Objektbibliothek
Die Fähigkeit zu Objektbibliotheken ist für ein Programm in dieser Preislage schon etwas Besonderes. Innerhalb der Bibliotheken sond die Objekte alphabetisch geordnet und werden nach dem Anwählen gezeigt.

Wem ab einer gewissen (auch rechnerabhängigen) Fülle seiner Zeichnung die Bildschirmdarstellung zu langsam werden sollte, der kann die Darstellungsgüte verändern, um das Tempo zu erhöhen. Die Einstellungen reichen von Graphics Level 1 (nur die Objektrahmen) bis zu Level 5 (Darstellung der gesamten Farbflächen samt Farbdithering).

Zeichenebenen
Welche der verschiedenen Ebenen einer Zeichnung zu sehen sind, oder welche selektierbar sind, kann frei bestimmt werden. Durch ein Ausschalten der Sichtbarkeit einer Ebene lassen sich so mit einem Klick die Schwerpunkte der Aussage einer Zeichnung verändern; ideal für die Illustration von Vorträgen.

Ein weiterer Vorzug Vectors, nicht nur beim Kartieren, besteht in der Möglichkeit, bis zu 32 Zeichenebenen zu unterscheiden. Dabei kann jede einzelne Ebene getrennt bearbeitet werden. Diese Möglichkeit, verschiedene Ebenen zu kombinieren, kann z.B. auch benutzt werden, um auf einfache Weise Teilbereiche eines Objektes zu verstecken oder ein Grundobjekt mit verschiedenen Erweiterungen zu kombinieren. Dabei stellen diese Ebenen übrigens nur einfach Objektzusammenfassungen für den Zeichner dar und haben nichts mit der Anordnung der Objekte hintereinander zu tun: Ein Objekt aus der Ebene 1 kann sich vor einem aus der Ebene 2 und hinter einem aus Ebene 3 befinden.
Mehrzeilige Textobjekte

Draw kennt entweder Textbereiche, in denen - vorausgesetzt, man hat den Befehlsvorrat griffbereit - vom Text aus, der in einem Texteditor geschrieben wird, gewisse Satzbefehle möglich sind oder einzelne Textzeilen, die direkt von Draw aus zu editieren sind. An dieser Stelle existiert seit Vector 1.3 nun die Möglichkeit zu mehrzeiligen Textobjekten, die nicht nur gemeinsam innerhalb von Vector zu editieren sind, sondern die auch links, zentriert oder rechts ausgerichtet werden können und deren Zeilenabstand über eine einfache Prozentangabe variirt werden kann. Für aufwendigere einseitige Dokumente, für die auf der anderen Seite kein Desktop-Publisher zur Verfügung steht, ist das schon eine lohnende Hilfe.

Textobjekte
Die einzige echte Neuerung sind mehrzeilige Textobjekte, die direkt in Vector zu editieren sind. Im Gegensatz zu den Standard-Textblöcken, die auch Draw kennt, sind sie drehbar.
Wir machen Druck

Zum Ausdruck von Zeichnungen, die größer als das Druckformat sind, bietet Vector an, den Druck auf verschiedene Seiten zu verteilen: So kann z.B. eine DIN A 2 Zeichnung in 4 DIN A 4 Blättern gedruckt werden. Dabei ist es auch möglich, den auszudruckenden Teil einer Zeichnung durch die Einpassung der Druckseiten selbst zu bestimmen, wenn man nicht die komplette Zeichnung haben will.

Druckereinstellungen
Die Druckeinstellungen von Vektor ermöglichen es, Zeichnungen, die zu groß für das Druckformat sind, in Einzelteilen ausdrucken zu lassen.
Fazit

Für die, die nicht davon leben, sondern nur gelegentlich eine Landkarte, einen Bauplan oder auch eine technische Zeichnung herzustellen haben, ist Vector immer noch eine gute Wahl, auch wenn das Programm schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hat und der Pflege bedürfte. Außerdem bekommt man das Programm ja umsonst auf der RISC OS 4 CD geliefert. Der Preis lag früher bei 150 DMark, was zeigt, daß Vector eher für den Feierabendkonstrukteur gemacht ist, aber für den reicht es normalerweise lange aus.
Hardware   Software   Praxis   Sonstiges  
ArcSite   News   Magazin   Börse   Links   ArcArchie   Homepages